Viele Freunde in Deutschland haben uns schon mitleidig gefragt, was wir denn in der Zeit, in der keine Sonne scheint, nur machen. „Wie ist das, wenn ihr den ganzen Tag im Dunkel verbringen müsst?
Was die Dunkelheit betrifft, bewegen wir uns mit Riesenschritten auf die Wintersonnenwende zu und es ist schon spürbar, dass sich das Tageslicht rar macht. Aktuell sind dies hier in der Region ca. 1,5 Stunden weniger als in Sachsen. Das Leben verlagert sich in das Haus und Werkstatt.
Im Moment ist dieser dunkle Tagesabschnitt bei uns hauptsächlich ausgefüllt mit Weihnachtsvorbereitungen. Und das ist in Schweden nicht anders als in Deutschland. Auch hier, aber wahrscheinlich besonders hier, ist die Vorfreude auf das Weihnachtsfest und die damit verbundene Sehnsucht nach Licht und Wärme sehr groß. Deshalb sind die Schweden auch sehr empfänglich für eine reichhaltige, blinkende und bunte Illumination.
Bei uns werden Plätzchen gebacken, die aus Sachsen mitgebrachten Räuchermännchen und Nußknacker in Positur gebracht, der Herrnhuter Stern am Eingangsportal aufgehangen und der Weihnachtsbaum im Hof geschmückt. Dank guter Freunde in Deutschland werden wir auch dieses Jahr in der Fremde mit Crottendorfer Räucherkerzen und dem leckeren Rosinenstollen vom Bäckermeister Dietze aus Wolkenburg versorgt.
Aber wir sind nicht nach Schweden gekommen, um die sächsische Weihnacht zu exportieren. Uns interessieren auch sehr die schönen schwedischen Weihnachtstraditionen. Und auf Dauer wird es in der Familie sicher ein „Mix der Kulturen“ werden.
Mit dem ersten Adventswochenende begann auch hier die Zeit der Märkte und der weihnachtlichen Bräuche. Einen besonderen Stellenwert hat natürlich das gute Essen. In den meisten Restaurants werden deshalb in der Zeit bis Weihnachten die traditionellen Julbords (dt. Weihnachtsessen) offeriert. Wir haben nach einem Rundgang auf dem gut besuchten Weihnachtsmarkt unserer Nachbarstadt Hjo, das Angebot im Hotel Bellevue ausgewählt und waren sehr gespannt, wie man uns verwöhnen würde.
Der Julbord wird als Buffet angeboten. Jeder Gast nimmt sich sein Essen selbst.
Man sollte viel Zeit einplanen und die einzelnen Portionen ja nicht zu groß nehmen. Lieber 10mal zum Buffet laufen und dafür möglichst viele der Köstlichkeiten probieren. Aber das kann jeder machen wie er will.
Es gibt keine Reihenfolge, in welcher die Speisen genommen werden sollten. Aber von der Art der Angebote kann mann diese sortieren.
Ein Schwerpunkt liegt in Schweden natürlich beim Fisch. Und dabei spielt der sauer eingelegte Hering die Hauptrolle. Wir hatten drei Varianten auf dem Buffet – eingelegt in Dill-, Curry- und Senfsauce. Daneben gab es noch Graved-Lachs mit einer passenden Sauce (Hovmästarsauce) und natürlich Krabben auf halbierten hartgekochten Eiern und dazu frischen Dill.
Nach dem Fischgang wartete Wurstaufschnitt, sowie Roastbeef und Leberpastete als Zwischengang (oder wann auch immer).
Die Hauptgänge waren die berühmten Köttbullar (kleine Fleischbällchen), Prinskorv (kleine geräucherte Würstchen), Janssons frestelse (ein leckeres Kartoffelgratin mit Anchovis) und der Julskinka (Schinken, serviert mit süßem Senf). Als Beilage konnte zwischen Rotkohl, Rosenkohl und Rote-Beete-Salat gewählt werden. Dazu gab es Salz- und Pellkartoffeln.
Nachspeisen konnte man zwischen verschiedenen Sorten Käse und den in Schweden sehr beliebten süßen Desserts wie Eiscreme, Schoko-Mousse, Schlagsahne und einem Milchreis-Obst-Salat wählen.
Ja – und es gab Kaffee bis zum Abwinken und Glögg, die zuckersüße Glühweinvariante aus Rotwein, Wodka und Gewürzen, wie z. B. Zimt, Kardamom, Ingwer und Nelken.
Sicher habe ich jetzt Einiges vergessen aufzuzählen. Es war abwechslungsreich, es hat geschmeckt, wir haben einiges Neues kennengelernt und am Ende waren wir sowas von satt.
Die beschriebene Zusammenstellung des Julbords ist natürlich nicht Gesetz. Was wir hier genießen konnten, ist sicher im Süden, in Malmö, anders und im Norden, im schwedischen Lappland, ganz anders.
Und wir hatten noch einen zusätzlichen Programmpunkt. Im Restaurant saßen wir direkt am Fenster in Richtung des Vättern-Sees. Dort fand in der Zwischenzeit ein von hunderten Schaulustigen beobachtetes traditionelles Winterbaden statt. Jeder konnte mitmachen. Voraussetzung war in diesem Jahr eine Kostümierung á la Hollywood.
Bei 4°C Wassertemperatur und Außentemperatur waren wir aber lieber interessierte Zuschauer in einem gemütlichen Restaurant.
Hallo liebe Neu-Schweden, immer sehr interessant deine Tagebucheinträge, die wir sehr schätzen und auch gleich die Lust wecken, mal ein anderes Weihnachten mit zu erleben. Und das traditionelle Julbords sieht auch ganz lecker aus und wäre auch nach unserem Geschmack. … kommt gut durch die „Dunkelheit“ 🌚
Eure Wechselbürger