Wir leben hier inmitten der Natur. Wälder, Felder und Seen kennzeichnen die Landschaft zwischen den beiden großen Seen Vänern und Vättern. Trotzdem ist es unübersehbar, das es sich bei den Wäldern zu einem großen Anteil um den für das Land Schweden bedeutenden Wirtschaftsfaktor Holz handelt.
Ungefähr 58% der Landfläche Schwedens bestehen aus sgg. produktiven Wald (in DE sind dies ca. 30%). Im Jahr 2021 erzeugte das skandinavische Land rund 77 Millionen Kubikmeter Rundholz. 2021 waren ca. 115.000 Personen in der Forstwirtschaft beschäftigt. Der Anteil der Forstwirtschaft an der schwedischen Industrie in Form von Beschäftigung, Umsatz und Wertschöpfung beträgt 10-12 %.
Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit, bei einer Waldrodung dabei zu sein. Es ist imposant, einen Harvester (dt. Holzvollernter) bei der Arbeit zu beobachten. Man fühlt sich wie ein Zuschauer in einem Science-Fiction-Film. Die Bäume werden gefällt, entästet, auf die gewünschte Länge geschnitten und abgelegt. Und dazu wird nur noch eine Riesen-Maschine und, kaum noch sichtbar, ein Mensch benötigt. Der große Vorteil liegt auf der Hand: Sie sind schnell, effektiv und machen die Waldarbeit sicherer und vor allem, sie bringen den Profit. Aber, den Preis dieses Fortschritts bezahlt die Natur.
Diese Maschinen richten mit ihren tonnenschwerem Gewicht schwere Schäden am Waldboden an, die Fahrspuren sind bis zu einem halben Meter tief, der Waldboden wird unnatürlich verdichtet und das Wurzelwerk der angrenzenden Bäume wird auf lange Zeit geschädigt werden.
Im verganenen Jahr wurde bei uns eine Waldfläche auf ähnliche Art und Weise gerodet, geblieben ist eine unnatürliche und unbegehbare Mondlanschaft. Das Astwerk und “nutzlose” Stämme, welches früher auf dem Boden verblieben ist, werden in riesigen Feimen aufgeschichtet, mit Folie abgedeckt und gelagert. Nach mindestens einem Jahr kommt wieder schwere Technik zum Einsatz – diesmal sind es große Holzschredder, die das getrocknete Astwerk vor Ort zu Hackschnitzeln verarbeiten. Diese werden u.a. dann für unsere Heizung genutzt.
Aber es gibt auch viele Landschaften, welche zum Glück als schützenswert angesehen werden. Hier, gleich vor der Haustür sind dies z.B. zwei Naturschutzgebiete – Stora Röå und Röå Alsumpskogs – unantastbar für die Holzindustrie.
In Schweden wurden auch 30 großflächige Nationalparks eingerichtet. 1909 war das Land Vorreiter und erstes europäisches Land, in dem diese Idee umgesetzt wurde. Damals wie heute liegt der Gedanke dahinter, dass unberührte Natur und typisch schwedische Landschaften bewahrt werden müssen.
Eine halbe Stunde Autofahrt von hier entfernt liegt der Nationalpark Tiveden. Ein Ziel, welches wir mit Freunden und der Familie schon mehrere Male angesteuert haben.
Die Farben Grün, Grau und Blau sind die Farben dieses Waldgebietes. Grün wie der Waldteppich, grau wie die glatt geschliffenen großen Felsen, blau für die vielen Seen und Waldseen und schwarz steht für den verkohlten Waldboden nach einem Waldbrand. Der Nationalpark Tiveden ist der schwer zugängliche Kern des meilenweiten sagenumwobenen Tivedenwaldes. Die unersättliche Forstwirtschaft ist nie bis hierher vorgedrungen.
Tiveden wird von vielen auch als der Wald der Götter bezeichnet. Der Name ist als der Wald (ved) des Gottes Tyr (Ti) zu verstehen. Tyr zählt zu den mächtigsten und mutigsten Göttern in Asgard. Die T-Rune, das Symbol für den Gott Tyr – ritzten die Krieger in ihre Waffen in der Hoffnung auf Glück im Kampf.
Mut und Glück – das hat es in früheren Zeit auch gebraucht, um unbeschadet durch diesen Urwald zu kommen. Nicht nur Bären, Wölfe und Trolle sondern auch gefürchtete Räuberbanden brachten Gefahr für den Durchreisenden. Heutzutage stellen die Menschen in dieser Form keine Gefahr mehr dar; Bären, Wölfe und Trolle soll es dagegen noch geben.
Die wilde störrische Natur wurde zu einem Zufluchtsort für Pflanzen und Tiere. Neben Bären und Wölfen gehören Auerhahn, Luchs und Vielfraß zu den Einwohnern dieses Waldes. Die allermeisten Besucher bekommen diese Tiere und Trolle sicher nicht zu Gesicht. Aber wir können sicher sein – sie sehen uns!
Das Wandern im Tiveden ist ein einzigartiges Erlebnis; und keine Angst, es wird viel getan, damit jeder Wanderer unbeschadet wieder zurück findet. Dazu gehören (wer dies möchte) eine persönliche Beratung im Besucherzentrum, kostenloses Kartenmaterial und optimal markierte Wege.