Der Hausgeist in Russland
Der Hausgeist in Russland, der Domovoi (russ. Домовой), wird oft als „Herr“ des Hauses bezeichnet.
Viele ländliche und städtische Russen sowie einige Nachbarvölker glauben immer noch, dass jeder Haushalt seinen eigenen geistigen Wächter hat, der über das Wohlergehen der Familienmitglieder, ihre Gesundheit und die Fruchtbarkeit des Viehs entscheidet.
Der Name „domovoi“ leitet sich vom russischen Wort „dom“ (Haus) ab.
In der Zeit der alten Rus trugen alle Männer Bärte. Das Rasieren der Gesichtsbehaarung wurde erst von Peter dem Großen eingeführt. Wenn ein Mann morgens aufwachte und seinen Bart geflochten vorfand, galt dies als Zeichen der Liebe und des Respekts seiner Domovoi. Guter Erfolg sollte sein Haus begleiten.
Der Domovoi mag Sauberkeit, Reichtum und fleißige Gastgeber, die bemüht sind, ihr Zuhause gemütlicher und schöner zu gestalten.
In der Regel bleibt der Domovoi unsichtbar. Die Kreatur offenbart sich nur in seltsamen Geräuschen, leisen Schritten, Seufzen und sogar Murmeln.
Traditionell war der russische Ofen der Wohnort der Domovoi. Der Geist lebte unter dem Ofen, dahinter oder hinter dem Schornstein.
Der Domovoi hatte die Hauptmerkmale eines unsichtbaren Haushälters. Wenn er jedoch mit etwas unzufrieden ist, kann der Geist auch Unheil oder sogar ernsthaften Schaden anrichten.
Der Domovoi zeichnet sich auch durch sein schelmisches Wesen aus. Obwohl der Geist unartig sein kann, spielt er Streiche aus Langeweile und nicht aus Bosheit.
In manchen Fällen wurde diese Charaktereigenschaft als perfekte Ausrede genutzt. Wenn etwas verloren geht (es wurde eher woanders hingelegt), ist der Domovoi schuld.
Insgesamt gilt der Domovoi als guter Geist. Wenn er mit den Einwohnern zufrieden ist, schützt er auch das Haus vor verschiedenen Gefahren, darunter Feuer, Blitzeinschläge oder Überschwemmungen.
Der Domovoi versucht, sich gut um Haustiere zu kümmern. Wenn eine Katze nachts zu laut wird, dann spielt oder feiert sie mit dem heimischen Domovoi.
Wenn die Leute ein neues Haus bauten oder an einen anderen Ort zogen, nahmen sie ihre Domovoi mit.
Wie könnte es anders sein? Ein neues Haus wäre ohne den Schutz des Domovoi verwundbar. Dann könnte ein Unglück passieren, ein Brand oder noch Schlimmeres.
Früher wurde der Domovoi in einem Bastschuh (traditionelle Schuhe aus Birkenrinde und derzeit ein beliebtes russisches Souvenir) bewegt. Heutzutage wird der Domovoi in einem Pantoffel transportiert. Die Leute sollten ihre Domovoi immer einladen, mit ihnen zu gehen, indem sie sagen: „Domovoi, Domovoi, hier ist dein Schlitten (ein Bastschuh), geh mit uns“.
In dem neuen Haus bereiteten die Leute dann einen Leckerbissen für ihre Domovoi vor.
Einmal in der Woche sollte der Hausgeist – in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag – gefüttert werden. Am Abend muss man auf den Tisch in der Küche eine Tasse mit ein wenig Milch stellen. Daneben legt man auf einen Teller etwas Gebäck oder Konfekt oder ein Brötchen.
Der Hausgeist ernährt sich nur aus der Energie von diesen Bewirtungen, denn er isst nicht physisch.
Am Morgen kann man mit der Milch die Zimmerblumen begießen. Sie werden es mit besserem Wachstum danken. Das Backwerk oder das Konfekt kann man selbst aufessen.
Wenn man seinen Hausgeist sehen und sprechen will, dann ist die beste Zeit dafür am Donnerstag, morgens 03.00 Uhr.
Der Domovoi gehört zum Pantheon der altrussischen heidnischen Götter.
Die christliche Priesterschaft versuchte, die Domovoi mit anderen unheilstiftenden Kobolden zusammenzubringen und das einfache Volk gegen diese Kreatur aufzubringen. Unter dem Einfluss des Christentums verließ auch die Masse der obersten heidnischen Götter den Alltag der Menschen.
Die Domovoi waren eine Ausnahme. Diese Kreatur wird wahrscheinlich im russischen Leben bleiben, weil das Christentum sich mit einer spirituellen Ebene befasst, während das Domovoi mit weltlicheren Dingen verbunden ist.
Außerdem können die Domovoi viele Unglücke erklären. Die Milch ist sauer, das ist die Schuld des Domovoi. Irgendwas klappert oder rasselt im Haus, es ist mal wieder der Domovoi. Und es gibt keinen Grund zur Sorge, da der schuldige Geist gefunden wurde.